Forschungsprojekt zum mechanischen Recycling von faserverstärkten Kunststoffen

Artikel vom 5. September 2023
Werkstoff-, Verfahrens- und Methodenentwicklung

Windenergieanlagen halten im Schnitt 20 Jahre, dann müssen sie ersetzt werden. Das Recycling alter Anlagen gestaltet sich jedoch schwierig. Insbesondere die Rotorblätter stellen aufgrund ihrer Materialzusammensetzung aus faserverstärkten Kunststoffen ein Problem dar – so wie viele andere kunststoffbasierte Abfälle.

Extruder »KM ZE28 BluePower« von KraussMaffei im IKK (Bild: Nico Niemeyer).

Extruder »KM ZE28 BluePower« von KraussMaffei im IKK (Bild: Nico Niemeyer).

An diesem Punkt setzt ein neues Forschungsvorhaben am IKK – Institut für Kunststoff- und Kreislauftechnik der Leibniz Universität Hannover (LUH) in Zusammenarbeit mit KraussMaffei Extrusion (Laatzen) an, das am 1. Juli 2023 gestartet ist. Unter Leitung von Prof. Dr.-Ing. Hans-Josef Endres soll ein neues Verfahren entwickelt werden, um industrielle Abfälle aus technischen Kunststoffbauteilen, also aus faserverstärkten Kunststoffen und kunststoffbasierten Materialverbünden, wieder nutzbar zu machen. Das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur finanziert das Projekt »ReKon« mit rund 550.000 Euro, die Förderdauer beträgt zwei Jahre.

Closed-Loop-Recycling

Die Idee hinter dem Projekt ist, dass rezyklierte Kunststoffe in der Industrie möglichst dort wieder angewendet werden sollen, wo sie herkommen (Closed-Loop-Recycling). Aus einer Kofferraumabdeckung könnte so später wieder eine Kofferraumabdeckung oder zumindest ein anderes Automobilbauteil werden.

»Die Qualität eines Produkts steigt mit einer möglichst hohen Sortenreinheit und geringem Verschmutzungsgrad des Inputs. Die Vorbehandlungsschritte Sortierung, Trennung, Waschen und Reinigung spielen daher eine entscheidende Rolle«, sagt Prof. Endres. Es hat Vorteile, wenn der Produzent des ursprünglichen Teils sich auch um das Recycling kümmert: Die genauen Zusammensetzungen der Kunststoffe und der Bauteile sind bekannt, die Sortierung ist dadurch einfacher. Zudem sind die Wege kurz, lange Transporte mit hoher CO2-Bilanz werden vermieden. Am Ende werden die zukünftigen Bauteilgenerationen dadurch auch recyclinggerechter konstruiert, wodurch der Verbrauch an wertvollen Rohstoffen sinkt.

Weiterentwicklung mechanischer Recyclingmethoden

Beim Recycling von Kunststoffen gibt es zurzeit mehrere Möglichkeiten: Immer häufiger kommen chemische, neuerdings auch lösungsmittelbasierte Verfahren zum Einsatz. Am IKK setzt das Team um Professor Endres auf die etablierten, jedoch nach Ansicht des Instituts bei weitem nicht ausentwickelten mechanischen Recyclingmethoden. Im Vergleich zeichneten sich diese mechanischen Recyclingverfahren durch einen geringeren Energie- und Ressourcenbedarf aus.

Das Prinzip ist einfach und auch bei anderen Ausgangsstoffen wie etwa Textilien anwendbar: Der Kunststoffabfall wird zunächst zerkleinert. In einem Extruder wird anschließend das so gewonnene Material mit hohem Druck und hohen Temperaturen aufgeschmolzen, gereinigt und schließlich zu einer Art Granulat verarbeitet. Dieses Rezyklat – feine Körnchen aus Kunststoff – bildet die Basis für neue Bauteile, die an anderer Stelle wieder eingesetzt werden können.

Im Fokus: Recycling von Verbundmaterialien

Das neue Forschungsprojekt legt den Schwerpunkt auf Bauteile, bei denen unterschiedliche Kunststoffe und auch andere Materialien so verbunden sind, dass sie mit den aktuell industriell verfügbaren Recyclingtechnologien nicht mehr getrennt werden können. Es geht dabei hauptsächlich um Faserverbundkunststoffe aus Rotorblättern, Materialverbünde aus der Pharmaindustrie, Elektroschrott sowie die sogenannte Schredderleichtfraktion aus der Automobilindustrie, die trotz des hohen Kunststoffanteils derzeit als nicht recycelbar gilt und meist in die Verbrennung geht.

Die Mengen an Kunststoffabfällen in der Industrie werden künftig noch weiter zunehmen. So enthält mittlerweile ein Neuwagen mehr als 300 kg Kunststoff und die EU hat mit der ganz aktuell vorgelegten Altfahrzeugverordnung ehrgeizige Recyclingquoten für die zukünftigen Fahrzeuggenerationen formuliert. Auch bei den Windenergieanlagen steigt die Zahl der Anlagen, die in den nächsten Jahren wiederaufbereitet werden müssen. Eine Studie des Bundesumweltamtes von 2022 rechnet mit bis zu 430.000 Tonnen an glasfaserverstärkten Kunststoffen allein aus den Rotorblättern, die bis 2040 anfallen werden.

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