Thermoforming im sicheren Bereich

Artikel vom 11. April 2022
Systeme und Geräte

Das österreichische Unternehmen Senoplast Klepsch & Co. stellt Kunststoffplatten und -folien für verschiedene Anwendungsbereiche her. Für einen störungsfreien Tiefziehvorgang setzt das Unternehmen daher auf ein sicheres Radarsystem von Pilz, das hier auf »unübliche« Art und Weise den Produktionsprozess sichert und in der Folge die Qualität der Produkte gewährleistet.

Durch die Retrofit-Maßnahme erkennt das sichere Radarsystem das Betreten des Gefahrenbereichs und löst den sicheren Zustand der Maschine aus (Bild: Pilz, Senoplast).

Durch die Retrofit-Maßnahme erkennt das sichere Radarsystem das Betreten des Gefahrenbereichs und löst den sicheren Zustand der Maschine aus (Bild: Pilz, Senoplast).

Von Automotive bis zur Möbelindustrie – das Anwendungsspektrum der aus hochwertigsten Granulaten im Extrusionsverfahren produzierten »senosan«-Kunststoffhalbzeuge erstreckt sich vom Fahrzeugbau über die Sanitär- und Kühlgeräteindustrie bis hin zur Möbelfolie. Dabei liefert das 1956 gegründete Unternehmen mit Produktionsstätten in Österreich, Mexiko und China heute in rund 60 Länder weltweit. Ein Grundpfeiler der Firmenphilosophie ist es, bei der Produktion auch die Qualität und Sicherheit in den Fokus zu stellen: Der Schutz von Mensch und Maschine hat oberste Priorität.

Da es sich bei den erzeugten Kunststoffplatten beziehungsweise Folien um Halbzeuge handelt, werden diese in der Regel über ein Thermoformverfahren weiter be- und verarbeitet. Hierbei müssen eventuelle Fehlerquellen frühzeitig erkannt werden, um mögliche, daraus resultierende Qualitätsmängel der Halbzeuge rechtzeitig erkennen und beheben zu können. Kontinuierliche Kontrollen der technischen sowie optischen Eigenschaften der produzierten Produkte sind so Teil des Produktionsablaufs. Denn speziell beim Tiefziehen, einem der Bearbeitungsschritte für die Halbzeuge, funktioniert Qualität nur, wenn das Bedienpersonal den Produktionsvorgang ständig überwacht.

Die hohen Qualitätsvorgaben an das Herstellungsverfahren waren ausschlaggebend für den langjährigen Einsatz von Geiss-Tiefziehanlagen: Schon seit Mitte der 1980er-Jahre setzt das Unternehmen Tiefziehanlagen des Herstellers ein und konnte so den stetig steigenden Qualitätsanforderungen seiner Kunden über die Zeit gut begegnen.

Retrofit auch für Safety

Dass damalige Sicherheitsvorgaben nicht mehr dem heutigen Stand der Technik entsprechen können, versteht sich. Damit Bestandsmaschinen wie bei Senoplast aber weiterhin sicher und produktiv betrieben werden können, müssen auch sie den aktuellen Sicherheitsstandards entsprechen. Bei der ältesten Tiefziehanlage mit Baujahr 1985 entschied sich das Unternehmen daher für eine sichere Überwachung mittels moderner Radartechnologie. Wesentliche Anforderung an die neue Schutzeinrichtung war, dass sie gegenüber extremen externen Bedingungen – hier Hitze – unempfindlich ist, da beim Tiefziehen Temperaturen bis über 200 Grad Celsius erreicht werden. Das sichere Radarsystem »PSENradar« des Automatisierers Pilz erfüllt diese Vorgaben und sorgt seit der Umrüstung der Anlage nun für die sichere Schutzraumüberwachung: einerseits mit Blick auf die Sicherheit des Bedieners, andererseits mit Blick auf den Schutz der Maschine bzw. des Herstellungsvorgangs selbst.

Dass der Umbau keine Herausforderung war, sondern das Radarsystem sich einfach in die bestehende Steuerung der Umformmaschinen integrieren ließ, kann der Leiter der Elektrowerkstatt Senoplast Klepsch, Martin Scharler, bestätigen: »Mit dem Radarsystem von Pilz konnte bei uns eine seit über 30 Jahren in Betrieb stehenden Maschine sicherheitstechnisch auf ein neues Level gebracht werden. Wir haben die Lösung problemlos mit der eingebauten Relaistechnik kombinieren können, was uns nicht zur viel Zeit, sondern auch Kosten gespart hat.«

Sicherheit umgekehrt gedacht

Ausschlaggebend für den Einsatz der neuen Sicherheitseinrichtung waren frühere Zwischenfälle während der Heizphase der Tiefziehanlage. Die Zeit während dieser Heizphase wurde früher dazu genutzt, weitere Tätigkeiten durchzuführen. Genau hier jedoch lag das Fehlerpotenzial, weil die Anlage in diesem Zeitraum nicht überwacht war. Der Tiefziehvorgang selbst muss jedoch zwingend überwacht werden, um zu garantieren, dass bei Störungen umgehend eingegriffen werden kann. Damit keinerlei Raum bzw. Zeit für bewusste oder unbewusste Manipulation bleibt, ist heute das sichere Radarsystem als Warninstanz installiert. Sollte das Radarsystem für eine vordefinierte Zeit keinerlei Bewegung im definierten Bereich erkennen, wird die Heizung der Tiefziehanlage deaktiviert und der Umformvorgang automatisch beendet. Auf diese Weise lassen sich Zwischenfälle nun zuverlässig vermeiden.

Grundsätzlich erkennt das sichere Radarsystem das Betreten des Gefahrenbereichs und versetzt die Maschine in einen sicheren Zustand. Die Aufgabe des Sensors bei Senoplast ist jedoch eine »umgekehrte«: Den Bereich vor der Maschine dahingehend zu überwachen, dass sichergestellt ist, dass das Bedienpersonal diesen nicht verlässt. Möglich macht das der flexible Anwendungseinsatz des Radarsystems: sowohl als Gefahrbereichsabsicherung für sich nähernde Personen oder Objekte als auch als Warninstanz bei nicht zulässigem Verlassen des Schutzraums.

Flexible Schutzraumlösung

Bei Senoplast Klepsch kommen der Radarsensor »PSEN rd 1.1« und die dazugehörige Steuerungseinheit »LBK-C22-PZ« aus dem sicheren Radarsystem zum Einsatz. Zu den sicherheitsgerichteten Funktionen, die die Radarsystemlösung bis SIL 2, PL d, Kategorie 2 abdeckt, gehören die Gefahrbereichsabsicherung, d. h. das Versetzen der Maschine in einen sicheren Zustand, sobald ein Gefahrenbereich verletzt wird, sowie Hintertretschutz, also die Wiederanlaufsperre, die verhindert, dass die Maschine selbstständig wieder anläuft, wenn sich im Gefahrenbereich noch Personen befinden.

Maximal kann dieser Sensor eine größtmögliche Reichweite von vier Metern und einen engen bzw. weiten Bereich von 50 Grad horizontal und 15 Grad vertikal bzw. 110 Grad horizontal und 30 Grad vertikal abdecken. Schutzraum sowie System lassen sich am Einsatzort modular einrichten: Mehrere Sensoren, von denen jeder individuell konfiguriert werden kann, sind frei miteinander kombinierbar. Je nach Eigenschaft des zu überwachenden Bereichs kann entweder ein weiter oder ein schmaler Schutzraum eingerichtet werden. Der tatsächliche Schutzraum des Sensors ist davon abhängig, in welcher Höhe der Sensor installiert wird, welche Neigung (horizontal/vertikal) der Sensor hat und von der Konfiguration des Warnraums. Dazu kann die Lösung selbst über Anzahl und Anordnung der Sensoren unterschiedliche Schutzbereichszonen ausbilden, zum Beispiel eine Kreisanordnung bilden.

Genau diese Möglichkeit zur großflächigen Überwachung war ein weiterer entscheidender Aspekt: »Eine großflächige Überwachung mit mehreren Sensoren war, wie die Simulierung über den Systemsimulator zeigte, kein Problem«, erinnert sich Scharler. Die Auswahl und Konfiguration der Sensoren sowie die Parametrierung und Einstellung des Radarsystems erfolgten dann auch problemlos über die dafür vorgesehene Software des Radarsystems.

Die Nachrüstung der Tiefziehmaschine optimierte jedoch nicht nur die Sicherheit; auch mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit der Anlage hat diese durch die Umrüstung profitiert: Seit der Integration dieser Sicherheitslösung in die bestehende Maschine kam es noch zu keinen Ausfällen und Störungen des sicheren Radarsystems. Somit gehören auch Gefahren für Bediener und Maschine der Vergangenheit an.

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