Mineralguss im Wandel – von Entsorgung zu Kreislaufwirtschaft

Artikel vom 30. Oktober 2025
Recycling / Abfallbehandlung, Aufbereitung und Entsorgung

In der industriellen Fertigung gewinnen Werkstoffe zunehmend an Bedeutung, die sowohl hohe technische Anforderungen erfüllen als auch ökologische Kriterien berücksichtigen. Mineralguss, ein Werkstoff, der für die Konstruktion von Maschinenbetten und Gestellbauteilen verwendet wird, vereint diese Eigenschaften: Er bietet sehr gute Dämpfungseigenschaften, ist energieeffizient in der Herstellung und umweltfreundlich in der Entsorgung – bis hin zur Wiederverwertung für neue Maschinenbetten.

Mineralguss ist ein ideales Material für Maschinenbetten. Die hohe Schwingungsdämpfung trägt zur Erhöhung der Bearbeitungsgenauigkeit, zur Verbesserung der Oberflächenqualität und zur Verlängerung der Standzeiten bei (Bild: Rampf).

Mineralguss ist ein ideales Material für Maschinenbetten. Die hohe Schwingungsdämpfung trägt zur Erhöhung der Bearbeitungsgenauigkeit, zur Verbesserung der Oberflächenqualität und zur Verlängerung der Standzeiten bei (Bild: Rampf).

Mineralguss ist ein hochpräziser Verbundwerkstoff, der aus mineralischen Füllstoffen und einem polymeren Bindemittel, meist Epoxidharz, besteht. Er wird im Kaltgussverfahren bei Raumtemperatur in Formen vergossen und anschließend ausgehärtet.

Der Werkstoff verfügt über sehr gute Dämpfungseigenschaften, die bis zu zehnmal höher sind als bei Grauguss. Folglich ist Mineralguss besonders geeignet für den Einsatz in Maschinenbaukomponenten, die hohe Präzision und Stabilität erfordern, sowohl im Werkzeugmaschinenbau als auch in der Elektronik-, Halbleiter- und Solarmodulproduktion, in Lasermaschinen sowie in der Mess-, Prüf- und Inspektionstechnik.

Die geringe Wärmeleitfähigkeit reduziert thermisch bedingte Verformungen, was die Langzeitstabilität verbessert. Zudem ist Mineralguss korrosionsbeständig, wodurch auf zusätzliche Oberflächenbehandlungen verzichtet werden kann. Ein weiterer Vorteil liegt in der Gestaltungsfreiheit: Einlegeteile wie Gewindehülsen oder Führungen lassen sich direkt in den Guss integrieren.

Geringerer CO2-Fußabdruck

»Im Gegensatz zu metallischen Werkstoffen wie Grauguss, der bei Temperaturen über 1150 Grad Celsius geschmolzen werden muss, erfolgt die Verarbeitung unseres Mineralgusses ›Epument‹ bei Raumtemperatur«, erläutert Dr. Thomas Abel, Laborleiter bei Rampf Machine Systems, einem großen Mineralgussproduzenten mit Sitz in Wangen bei Göppingen. »Das Kaltgussverfahren reduziert den Energiebedarf um bis zu 75 Prozent im Vergleich zum klassischen Metallguss. Der spezifische CO2-Ausstoß liegt bei etwa 360 Kilogramm CO2-Äquivalent (CO2e) pro Tonne, deutlich unter dem von Grauguss bei rund 1650 Kilogramm CO2e pro Tonne.«

Durch die hohe Gussgenauigkeit von Mineralguss im Zehntelmillimeterbereich, gepaart mit der von Rampf entwickelten Abformtechnologie, werden Transportfahrten zu externen Bearbeitern und der Einsatz von Bearbeitungsmaschinen unnötig; dadurch wird ein zusätzlicher Beitrag zur Verringerung von CO2-Emissionen geleistet.

Umweltschonende Entsorgung

In nahezu allen Produkten am Ende ihres Lebenszyklus stecken wertvolle Rohstoffe, die prinzipiell wiederverwendet werden können. Ob eine Rückführung in die Kreislaufwirtschaft ökologisch und ökonomisch sinnvoll ist, hängt maßgeblich vom Aufwand für die Aufbereitung ab.

Mineralguss von Rampf Machine Systems besteht zu über 90 Prozent aus mineralischen Füllstoffen wie Gesteinsmehl und Quarzsand, gebunden mit einem Epoxidharzsystem. Diese mineralische Basis ermöglicht eine umweltgerechte Entsorgung. Die theoretische Trennung in Einzelbestandteile ist zwar möglich, jedoch mit hohem Energieeinsatz verbunden und daher wirtschaftlich nicht praktikabel. In der Praxis erfolgt stattdessen eine mechanische Aufbereitung.

Bei der Demontage wird das Maschinenbett zunächst von Betriebsstoffen gereinigt, Anbauteile wie Führungsbahnen werden entfernt. Anschließend erfolgt die Zerkleinerung, das Bett wird gebrochen und metallische Einlegeteile werden separiert. Bei der folgenden Klassierung wird das Brechgut in mehreren Stufen zerkleinert und in definierte Korngruppen gesiebt. Das so gewonnene Material wird ohne weitere Aufarbeitung unter anderem Schotter beigemischt und als Tragschicht im Straßenbau verwendet.

Mineralguss von Rampf besteht zu über 90 Prozent aus natürlichen Mineralien und Gesteinen sowie einem Bindemittel auf Epoxidharzbasis. Der Werkstoff kann als Bauschutt entsorgt sowie recycelt werden – nach neuesten Erkenntnissen auch für die Herstellung neuer Maschinenbetten (Bild: Rampf).

Mineralguss von Rampf besteht zu über 90 Prozent aus natürlichen Mineralien und Gesteinen sowie einem Bindemittel auf Epoxidharzbasis. Der Werkstoff kann als Bauschutt entsorgt sowie recycelt werden – nach neuesten Erkenntnissen auch für die Herstellung neuer Maschinenbetten (Bild: Rampf).

Rezyklat in der Produktion

In Diskussionen zur Recyclingfähigkeit von Mineralguss wird häufig auf die Vorteile von Grauguss verwiesen: Während Grauguss eingeschmolzen und vollständig wiederverwertet werden kann, ist dies bei Mineralguss nicht möglich, denn dieser basiert auf einem duroplastischen Bindemittel, das keinen definierten Schmelzpunkt besitzt. Eine Umformung durch Erwärmen wie bei metallischen Werkstoffen ist daher ausgeschlossen.

»Hier ist anzumerken, dass das Einschmelzen eines Grauguss-Gestells keineswegs trivial ist. Denn für die Erzeugung von qualitativ hochwertigem Guss ist stets ein gewisser Anteil Roheisen erforderlich, was die ökologische Wertigkeit dieses Recyclingvorgangs relativiert«, betont Abel.

Die Frage, ob sich aus gebrochenem Mineralguss neue Maschinenbetten oder Gestellbauteile herstellen lassen, erfordert eine genaue Betrachtung des Herstellungsprozesses. Im Gegensatz zu klassischem Zementbeton ist Mineralguss wenig fließfähig und nicht selbstverdichtend. Daher muss während des Gießprozesses technisch verdichtet werden, etwa durch Außenrüttler an den Formen oder mittels Vibrationstischen.

Wird eine Korngruppe des üblichen Rundkorns durch eine äquivalente Fraktion von Brechgut ersetzt, ist mit einer erschwerten, möglicherweise unmöglichen Verdichtung zu rechnen. Zudem erhöht sich rechnerisch der Anteil an Bindemitteln, was die mechanischen Eigenschaften negativ beeinflussen kann.

Positives aus dem Labor

Laboruntersuchungen bei Rampf Machine Systems zeigen jedoch beeindruckende Ergebnisse: Wird innerhalb einer Korngruppe bis zu 30 Prozent durch Rezyklat ersetzt, bleiben Gießverhalten und Materialeigenschaften unverändert. Bei 100 Prozent Rezyklatanteil verschlechtert sich das Fließ- und Verdichtungsverhalten wie erwartet, der Gießprozess wird aufwendiger. Dennoch bleiben die mechanischen Kennwerte im für den Maschinenbau geeigneten Bereich.

»Aus technischer Sicht ist die Wiederverwendung von Brechgut in neuen Bauteilen somit grundsätzlich möglich – insbesondere bei gezielter Beimischung in definierten Anteilen, erklärt Abel. Aktuell gibt es jedoch zu wenig verfügbare Maschinenbetten aus Mineralguss, die zu Rezyklat verarbeitet werden können, denn die äußerst robusten Maschinenbetten werden über mehrere Jahrzehnte hinweg genutzt und häufig einem Retrofit unterzogen. Bei dieser Modernisierung werden neue Komponenten verbaut, sodass die Maschine anschließend wieder dem aktuellen Stand der Technik entspricht.

»Stand heute liegt der Straßenbau beim Mineralguss-Recycling vorn. Doch wir arbeiten intensiv an der Weiterentwicklung der Technologie – und sind überzeugt, schon bald entscheidende Fortschritte zu erzielen«, lautet also das Fazit von Dr. Thomas Abel, und er verbindet es mit einem herzlichen Dankeschön an das Laborteam von Kleemann in Göppingen für die tatkräftige Unterstützung mit einem Versuchsbrecher. Ohne dieses Engagement wären die gewonnenen und zukunftsweisenden Erkenntnisse nicht möglich gewesen.

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