Rundum sichere Zelle
Datenerfassung und -verarbeitung zur Prozesssteuerung
Ausgereifte Sicherheitskonzepte zeichnen sich dadurch aus, dass sie selbst vermeintlich undenkbare Szenarien ins Kalkül ziehen und auf daraus resultierende Gefährdungssituationen prompt, maßvoll und in jedem Fall sicherheitsgerichtet reagieren. Radarsensoren stellen beim Kunststoffverarbeiter Weidplas heute sicher, dass sich beim Anfahren des Roboters niemand innerhalb der Schutzeinhausung befindet. Die neu integrierte Sicherheitslösung von Pilz erhöht dabei die Anlagensicherheit und minimiert gleichzeitig den Anlagenstillstand.

Sicher im Schutzraum dank Radarlösung: Roboter am Entnahmebereich der Spritzgießmaschine, im Vordergrund das Transportband (Bild: Weidplas).
Weidplas ist ein Kunststoffverarbeiter und Teil der Techniplas-Gruppe, deren Hauptsitz in den USA liegt. Im sächsischen Werk Treuen stellt das Unternehmen zum Beispiel Pkw-Radhausverkleidungen im Spritzgießverfahren her. Der Betrieb beliefert vor allem Kunden aus der Automobil-, Mittel- und Schwerlastwagenindustrie.
Zu Einrichtzwecken oder um Störungen zu beseitigen ist die betreffende Roboter-Fertigungszelle im Treuener Werk sowohl über Schutztüren als auch von der Spritzgießmaschine her zugänglich: Vor einem geplanten Zutritt in den potenziellen Gefahrenbereich der Anlage fahren beide Maschinen in den sicheren Halt, erst dann erlauben die Sicherheitszuhaltungen »PSENmlock« von Pilz das Öffnen der Türen.

Übersichtlich und spart Platz: »PNOZmulti« mit »PSENradar«-Modulen, die Auswerteeinheit oben rechts, im Schaltschrank (Bild: Weidplas).
Gleiches passiert, wenn einer der Zugänge versehentlich oder mutwillig geöffnet wird. Das von der konfigurierbaren Kleinsteuerung »PNOZmulti« überwachte Sicherheitssystem erkennt zwar zweifelsfrei, wenn eine Person an die Spritzgießmaschine herantritt oder von dort aus in den Schutzraum des Roboters wechselt: Trittbleche entlang der Spritzgießmaschine registrieren den Zugang, installierte Sicherheits-Lichtgitter an der Schnittstelle zur Roboterzelle detektieren jeden Übertritt. Aber wie »erfährt« die Steuerung, dass vor dem Wiederanfahren des Roboters niemand mehr innerhalb des Schutzraums ist?
Ziel: gefahrloser Schutzraum
Zur Realisierung einer automatisierten Fertigung stellte das Unternehmen einer großen Spritzgießmaschine einen 6-Achs-Roboter zur Seite, der von einer Sicherheitseinhausung umgeben ist. Der Roboter entnimmt die fertig gespritzten Radhausverkleidungen aus der Form und legt diese auf ein Förderband. Funktional entsprach die Lösung den Erwartungen, sie hatte allerdings einen Nachteil: »Im Falle einer Störung oder Havarie konnte ausschließlich ein qualifizierter Servicetechniker den Roboter aus der Spritzgießmaschine herausfahren und im Anschluss daran das zwischen Spritzgießmaschine und Roboterzelle befindliche Sicherheits-Lichtgitter wieder freischalten«, erläutert Tobias Mädler, zuständiger Automatisierungstechniker bei Weidplas. Je nach Verfügbarkeit des Servicetechnikers traten mitunter längere Anlagenstillstände auf. Zudem wollte Weidplas auch die Anlagensicherheit erhöhen. Diese Anforderung konnte nur mit einer zuverlässigen Bereichsüberwachung gelöst werden.
Alle Bewegungen sicher im Blick
Seit mehr als 20 Jahren bereits setzt das Unternehmen bei Fragen rund um die Maschinensicherheit auf die Expertise des Automatisierers Pilz. Mit Produkten wie der Sicherheitszuhaltung »PSENmlock« sowie mit der konfigurierbaren Kleinsteuerung »PNOZmulti« hat der Kunststofffertiger bereits reichlich Erfahrungen gesammelt. »Wir kennen und schätzen die Produkte und Lösungen von Pilz, wissen um die vielseitige Kompetenz des Unternehmens und haben über die Jahre ein enges Vertrauensverhältnis aufgebaut«, betont Mädler.

Im Bild einer von drei sicheren Radarsensoren. Mit seiner dreidimensionalen Bereichserfassung detektiert er Bewegungen im Schutzraum (Bild: Weidplas).
Im Rahmen eines Beratungsgesprächs mit dem Außendienstmitarbeiter des Automatisierers kam der sichere Radarsensor »PSENradar« ins Spiel. Dieser stellt, insbesondere im Kontext mit der bereits vorhandenen konfigurierbaren Kleinsteuerung »PNOZmulti«, eine sichere Komplettlösung zur Überwachung von Schutzräumen dar. Im Gegensatz zu Scanner-Lösungen, die lediglich zweidimensionale Flächen erfassen können, überwacht der Radarsensor dynamische Bewegungen oder Veränderungen im dreidimensionalen Raum. Das reduziert die Anzahl notwendiger Sensoren. Da Radarsensoren ohne optische Systeme auskommen, sind sie unempfindlich gegenüber Lichtreflexionen und eignen sich für den Einsatz in rauen und schmutzigen Umgebungen.
Flexible Sicherheitslösung
Aufgrund der bereits installierten Pilz-Funktionsbausteine und deren Flexibilität gestalteten sich Montage und Implementierung der Radarsensoren einfach: In drei Ecken der Roboterzelle wurde jeweils ein »PSENradar«-Sensor installiert und mit der zugehörigen Auswerteeinheit verbunden.
Überwacht wird er von der bereits vorhandenen Sicherheits-Kleinsteuerung. Die Roboterapplikation erreicht damit die geforderte PL d Cat 3 nach EN ISO 10218-1 und -2.

Bei Zutritt sicherer Halt: Rechts die durch Pilz gesicherte Roboterzelle bei Weidplas, links das Transportband (Bild: Weidplas).
Wird an der mit »PSENradar« ausgestatteten Roboterzelle eine Tür geöffnet, fahren der Roboter und die Spritzgießmaschine wie bereits zuvor in den sicheren Halt. Beim stillstehenden Roboter erfassen die Radarsensoren jetzt sämtliche Bewegungen der Personen im Schutzbereich. Gleichzeitig verhindern sie sicher jede Möglichkeit zur Aktivierung der Türzuhaltungen. Haben sämtliche Personen die Zelle verlassen und registrieren dann die Radarsensoren für einen definierten Zeitraum keine Bewegungen mehr, aktiviert »PSENradar« automatisch seine OSSD-Ausgänge. Erst danach lassen sich die Türzuhaltungen aktivieren. Damit wird auch der Roboter reaktiviert und fährt automatisch in die Grundstellung, Der Produktionsprozess kann fortgesetzt werden.
Viel Zeit eingespart
Damit entfällt das zeitaufwendige Ausfahren des Roboters aus der Spritzgießmaschine durch einen autorisierten Servicetechniker. Den gesamten Reaktivierungsprozess kann das Bedienpersonal nun selbst vornehmen.
Tobias Mädler zeigt sich mit der realisierten Lösung überaus zufrieden und sieht bei einer Reihe weiterer Weidplas-Anlagen ein vergleichbares Nachrüstpotenzial: »Mit der Integration des sicheren Radarsensors ›PSENradar‹ haben wir nicht nur die Anlagensicherheit verbessert, sondern in enger Zusammenarbeit mit Pilz eine effiziente Lösung geschaffen, die uns hinsichtlich des automatischen Wiederanlaufs maximale Flexibilität einräumt. Im Ergebnis konnten wir die Stillstandzeiten drastisch verkürzen.«