Flexible Fertigung: Effiziente Produktion von komplexen Bauteilen in 15 Varianten

Kuhn Fachmedien

Artikel vom 19. Januar 2024
Kunststoffteile für die Automobilindustrie

Mit einem aktuellen Projekt beweist die Weiss Kunststoffverarbeitung GmbH & Co. KG, wie flexibel Spritzgießen sein kann. Mit einer Spritzgießmaschine und nur einem Werkzeug lassen sich circa 15 Varianten eines komplexen technischen Bauteils erzeugen. Möglich ist das durch intelligentes Werkzeugdesign und eine Inline-Fräsbearbeitung. Auch die 100-Prozent-Prüfung und eine individuelle Kennzeichnung sind in die vollautomatisierte Fertigungszelle integriert.

Klug kombiniert: Von der Spritzgießmaschine mit Schnellwechsel-Werkzeugeinsätzen werden die Bauteile per Roboter direkt an die CNC-Bearbeitung übergeben (Bild: Weiss).

18Kunststoff-Spritzguss erlaubt die Produktion sehr präziser Bauteile in hohen Stückzahlen mit großer Effizienz. Flexibilität gehört eher nicht zu den Stärken dieses Verfahrens. Zehntausende von identischen Komponenten pro Schicht oder Tag sind kein Problem, aber eine große Variantenvielfalt in sehr unterschiedlichen Mengen eher nicht, das geht mit anderen Fertigungstechnologien besser.

Die Weiss Kunststoffverarbeitung GmbH & Co. KG beweist mit einem neuen Projekt das Gegenteil. Hier geht es um die Fertigung einer sehr komplex geformten Bauteilfamilie für die Automobilindustrie, deren Abmessungen etwa einer DIN A4-Seite entsprechen − bei gleichzeitig sehr hohen Anforderungen an Maßhaltigkeit und Oberflächenqualität. Diese Anforderungen sind für die Spritzgießexperten aus Illertissen Standard – nicht aber die Tatsache, dass die 15 benötigten Varianten wöchentlich in Stückzahlen zwischen 200 und 20.000 Teilen just-in-time beim Kunden angeliefert werden müssen.

Geschäftsführer Jürgen B. Weiß erläutert dazu: »Dieses Projekt ist wirklich ungewöhnlich. Solche Herausforderungen nehmen wir gerne an. Direkt nach Vorliegen der Anfrage haben wir begonnen, ein flexibles und zugleich hocheffizientes Fertigungskonzept zu entwickeln, das die auftragsbezogene Produktion von Spritzgießteilen auch in kleinsten Losgrößen ohne Lagerhaltung erlaubt – und zugleich eine äußerst wirtschaftliche Großserienfertigung. Bei klassischer Fertigung müssten wir für dieses Projekt große Lagerflächen einplanen, weil wir die Varianten jeweils auf Vorrat produzieren. Mit unserem Konzept können wir darauf verzichten.«

Kombination von Einsätzen und Fräsbearbeitung

Dabei kam dem Unternehmen die Kompetenz auch aus dem eigenen Werkzeugbau zugute. »Uns ist es tatsächlich gelungen, ein einziges Werkzeug für sämtliche Varianten zu entwickeln. Diese Varianten entstehen durch eine Kombination aus Schnellwechseleinsätzen in der Form und mechanischer Fräsbearbeitung. So kombinieren wir die technischen und wirtschaftlichen Vorteile des Spritzgießens mit einer flexiblen Variantenfertigung«, ergänzt Jürgen B. Weiß. Dieses Fertigungskonzept mit anschließender Logistik überzeugte den Kunden mit einem attraktiven Stückpreis, sodass Weiss als künftiger Systemlieferant dieser Bauteile mit der Umsetzung des Projekts beginnen konnte.

Fertigungszelle inklusive Prüfung und Kennzeichnung

Die U-förmige Fertigungszelle ist so aufgebaut, dass die Spritzgießteile direkt nach der Entnahme aus dem Werkzeug einer Frässtation zugeführt und dort vollautomatisch nach den spezifischen Anforderungen der jeweiligen Variante bearbeitet werden. Im Anschluss daran findet eine Inline-Kameraprüfung von fast 100 Merkmalen statt. In der letzten Station wird das Bauteil von einem Laser individuell mit Artikelnummer und Datamatrix-Code gekennzeichnet.

Durch Fräsbearbeitung können direkt in der Produktionszelle Varianten des komplexen Spritzgießteils erzeugt werden (Bild: Weiss).

Aktuell befindet sich die Fertigungszelle noch im Aufbau, erste Testläufe haben bereits stattgefunden. Das Unternehmen hat dabei sehr viel Fertigungs-Know-how in die Anlage investiert und kann nun zeigen, wie effizient und wettbewerbstauglich das Spritzgießen auch in der Variantenfertigung ist. Dieses Konzept lässt sich auch auf andere Bauteile übertragen, wenn bestimmte Rahmenbedingungen gegeben sind. Mit dem erworbenen Know-how kann das Unternehmen seine Kunden bei der Modularisierung und der Erweiterung des Fertigungsprogramms unterstützen.