Mikroformwerkzeuge in Perfektion

Artikel vom 24. November 2021
Entwicklung und Neukonstruktion

Die 1992 gegründete Heiligenstädter Reißverschluß GmbH & Co. KG blickt bereits auf eine Geschichte zurück, die bis ins Jahr 1870 reicht. Seit 1935 verfügt man über Erfahrungen in der Entwicklung und Produktion von Reißverschlüssen. Dieser Tradition folgend, produzierte das heutige Unternehmen allein im Jahr 2020 über 15.000 Kilometer Reißverschlüsse.

Das filigrane Spritzgusswerkzeug für die neue Reißverschlussserie wurde mit der CAD/CAM-Software konstruiert und gefertigt (Bild: Schott Systeme).

Das filigrane Spritzgusswerkzeug für die neue Reißverschlussserie wurde mit der CAD/CAM-Software konstruiert und gefertigt (Bild: Schott Systeme).

Diese Länge entspricht in etwa 38 Prozent des Äquatorumfangs. Das breite Anwendungsspektrum des renommierten Herstellers mit ca. 100 Mitarbeitenden umfasst Reißverschlüsse für Bekleidung, Polstermöbel, Outdoor-Ausstattung wie Schlafsäcke, Zelte und Planen sowie spezielle flammenhemmende, wasserabweisende und UV-absorbierende Ausführungen.

2002 führte das Unternehmen als zentrales System für die Produktentwicklung und Fertigung die CAD/CAM-Software »Pictures by PC« des deutschen Softwareherstellers Schott Systeme GmbH ein. Seither unterstützt die Software bei der schnellen Einführung von Produktneuheiten.

Seit Juli 2021 werden beispielsweise die Kunststoffkrampen-Reißverschlüsse »PK0« in Serie produziert. Diese speziell für Baby- und Kinderbekleidung konzipierten Modelle sind auch die bisher kleinsten im Unternehmen gefertigten Reißverschlüsse. Hergestellt aus POM-Kunststoff (Polyoxymethylen) für lange Haltbarkeit und hohe Flexibilität, werden die Zähne direkt auf das Textil-Polyesterband angespritzt. Da es sich um Kunststoff handelt, können unendlich viele Kombinationen für Tragband- und Krampenfarbe angeboten werden, sogar mit Nachleuchteffekt.

Zentrales Werkzeug für Entwicklung und Fertigung

Bei allen Produkten des Reißverschlussproduzenten ist die CAD/CAM-Software »Pictures by PC« zentraler Bestandteil der gesamten Produktkonstruktion und -entwicklung, der Werkzeug- und Elektrodenkonstruktion sowie der Bearbeitung. Bernd Kellner, Leiter der Technischen Entwicklung, erläutert: »Von der Planung über den Werkzeugbau bis hin zur Serienfertigung setzen wir auf das durchgängige System. Die offene Systemstruktur und die vielen durchdachten Möglichkeiten bei der 3D-Modellierung bieten große Vorteile. Besonders auch das Unterlegen von Skizzen und Fotos sowie der Import von Fremddaten lassen keine Wünsche offen.«

Selbst unter Einsatz moderner CAD/CAM-Software hat der gesamte Konstruktions- und Entwicklungsprozess für die neue Serie noch 18 Monate gedauert. Der Reißverschluss muss anspruchsvolle Normen erfüllen, besonders die Querfestigkeit ist dabei von großer Bedeutung. Hier hat der Reißverschluss auf einer Länge von einem Zoll (2,54 Zentimeter) einer Kraft von 200 Newton standzuhalten. Das mit der CAD/CAM-Software entworfene endgültige Produktionsformwerkzeug enthält einen Gleitabschnitt, der interaktiv ausgetauscht werden kann, um entweder den Reißverschluss-Start-, -Mittel- oder -Endabschnitt zu formen, wodurch ein kontinuierliches Formen unabhängig von der Länge ermöglicht wird.

Werkzeug- und Elektrodenfertigung

Die Mazak-Fräsmaschinen wurden vor der Investition in die CAD/CAM-Software aufwendig manuell programmiert. Bei immer komplizierter werdenden Produkten wie dem »PK0«-Reißverschluss sind die fortschrittlichen Bearbeitungsstrategien von der Schott Systeme GmbH wie trochoidales Hochleistungsschruppen (HPC) und Hochgeschwindigkeitsschlichten (HSC) für die bestmögliche Bearbeitung von harten Werkzeugstählen und Kupferelektroden unerlässlich.

Größenvergleich »PK0«-Elektrode mit Ein-Cent-Münze (Bild: Schott Systeme).

Größenvergleich »PK0«-Elektrode mit Ein-Cent-Münze (Bild: Schott Systeme).

»Ohne eine gute CAD/CAM-Software wie ›Pictures by PC‹ sind die immer komplexer und schwierig werdenden Konstruktions- und Werkzeugbauprozesse gar nicht mehr möglich«, erläutert Kellner.

Bei der neuen Reißverschlussserie ist jeder einzelne Zahn zwei Millimeter breit, drei Millimeter lang und 2,4 Millimeter hoch. Der kleinste Eckenradius an dem Zahn beträgt winzige 0,1 Millimeter, wobei der Spalt zwischen den Krampen ca. 0,9 Millimeter beträgt. Mit den von Schott Systeme entwickelten Frässtrategien konnten präzise Formen und Elektroden in harten Materialien von Werkzeugen mit einem Durchmesser von nur 0,2 Millimeter bearbeitet werden.

Eine wesentliche Stärke des Heiligenstädter Unternehmens ist es, auf Kundenwunsch die Reißverschlussanhänger nach bestimmten Vorgaben wie Logos und Schriftzüge zu fertigen. Die flexible Handhabung der personalisierten Grafiken wird bei der CAD/CAM-Software durch die eigenen 2D-Vektorgrafikwerkzeuge sowie durch den Import verschiedener Fremd-Grafikformate, zum Beispiel Adobe Illustrator oder WMF, erleichtert. Schriftsetzung und Manipulationen erfüllen ebenfalls hohe typografische Ansprüche, zum Beispiel Kerning. Die Bearbeitung des personalisierten 2D-Kundenbrandings auf den 3D-Formen und Elektroden wird durch die von »Pictures by PC« erzeugten industriellen Gravier- und Ausspitz- bzw. Fräsbahnen erleichtert. »Gerade bei Schriftzügen bietet der nahtlose Übergang zum CAM-Modul große Vorteile. So ist es uns problemlos möglich, Logos und Schriftzüge auf Freiformflächen zu projizieren und somit die Elektroden für das Senkerodieren der Formeinsätze zu fräsen. Ein großer Vorteil beim CAM-Modul sind die vielen Bearbeitungsstrategien, die zur Verfügung stehen«, erläutert Kellner.

Preisgekrönter Miniatur-Werkzeugbau

Die zusätzliche Kompetenz der Heiligenstädter Reißverschluß GmbH & Co. KG im Präzisionsformenbau wurde zuletzt durch die Auszeichnung mit dem Zinkdruckgusspreis 2020 auf der Messe »Euroguss« in Nürnberg bestätigt.

Die Heiligenstädter Reißverschluß GmbH & Co. KG erhielt den Zinkdruckgusspreis auf der Euroguss 2020 (Bild: Schott Systeme).

Die Heiligenstädter Reißverschluss GmbH & Co. KG erhielt den Zinkdruckgusspreis auf der Euroguss 2020 (Bild: Schott Systeme).

Das preisgekrönte Gussteil »Koffer« war ein dekorativer Zinkdruckgusskoffer, der für eine Serie von aus Holz gefertigten Sammlerfiguren hergestellt wurde. Der gegossene Koffer mit den Maßen 20 x 14 x 7,5 Millimeter sollte eine exakte, maßstabsgetreue Nachbildung sein und enthielt besonders feine Details wie Kofferecken, die verkleinert einen Überstand von nur 0,2 Millimeter aus dem Koffergehäuse ergaben.

Für den Guss solch feiner hinterschnittener Details ohne Abdruckmarken setzte das Unternehmen die CAD/CAM-Software ein, um eine intelligente Lösung mit schräg fahrendem Auswerfer zu entwickeln, die die hinterschnittenen Bereiche der Kofferecken sowohl formten als auch auswarfen, wodurch mechanische Schieber vollständig überflüssig wurden. Die hohe Bearbeitungspräzision von »Pictures by PC« und die daraus resultierende, galvanisch vergoldete Materialoberfläche wurden bei der Beurteilung mit Uhrmacherarbeit verglichen. »Das Gussteil zeigt, dass auch kleinste Stückzahlen für den Zinkdruckguss interessant sind. Alle Leistungen an diesem Projekt haben wir eigens mithilfe der ›Pictures by PC‹-Software komplett im Haus gefertigt«, erläutert Kellner.

Die knapp 20-jährige Partnerschaft mit Schott Systeme fasst Kellner wie folgt zusammen: »Besonders erwähnenswert ist der kostenlose Support, und da sie selbst Hersteller der Software sind, werden zudem alle Fragen oder Probleme, die wir haben, zeitnah beantwortet. Auch die große Anzahl an verfügbaren Standard-Postprozessoren und die problemlose Anpassung sind zu erwähnen. Die Software ist ein Eckpfeiler unseres Erfolgs.«

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