Neue Entwicklungen in der Bewitterung

Artikel vom 28. November 2019
Allgemeine Mess- und Prüfsysteme und Sensoren

In künstlichen Bewitterungsprüfungen versucht man, reale, umweltbedingte Alterungsprozesse von Materialien beschleunigt nachzustellen. Man hofft, die Lebensdauer der geprüften Produkte in der Umwelt zuverlässig abschätzen zu können.

Sprühstab im Xenon-Bewitterungsprüfgerät »Xenotest 440« von Atlas Material Testing im Regenzyklus. Bild: Atlas Material Testing

Sprühstab im Xenon-Bewitterungsprüfgerät »Xenotest 440« von Atlas Material Testing im Regenzyklus. Bild: Atlas Material Testing

So unterschiedlich die Klimazonen und ihre Wetterbedingungen auf der Welt sind, so vielfältig können auch die materialbedingten Abbauprozesse sein. Verschiedene Materialien zeigen unterschiedliche Empfindlichkeiten gegenüber den primären Wetterfaktoren Sonnenstrahlung, Wärme und Feuchte. Nicht immer kann man mit einer Standardprüfung das Verhalten von unterschiedlichen Produkten in verschiedenen Klimazonen nachbilden und vorhersagen. Konventionelle Standardprüfungen wie etwa die DIN-EN-ISO-4892-Reihe und die ASTM G155 für Kunststoffe oder die DIN-EN-ISO-16474-Reihe für Beschichtungsstoffe beinhalten zwar in ihren Prüfzyklen die primären Umweltfaktoren UV- oder Sonnenstrahlung, Temperatur sowie Feuchte bezüglich relativer Feuchte und Regen, sind aber eher als vergleichende Prüfungen zu sehen. Um gezielt das Alterungsverhalten von bestimmten Produkten in speziellen Klimazonen nachzubilden, muss man sich oft von den Normzyklen entfernen und spezielle Klima- sowie produktspezifische Prüfmethoden entwickeln.

In feuchten Klimazonen, etwa in den Subtropen wie in Florida, aber auch in Mitteleuropa wie in Deutschland, sind Oberflächen im Freien mitunter viele Stunden nass, zum Beispiel durch Regen und Tau. Die durchschnittliche Nasszeit (time-of-wetness) beträgt hier oft um die 50 Prozent. Im Vergleich hierzu ist die Feuchte in den meisten Standardbewitterungszyklen für Xenongeräte unterrepräsentiert, etwa der Zyklus aus der DIN EN ISO 4892-2 mit 102 Minuten trocken und 18 Minuten Regen. Dies führt mitunter bei feuchteempfindlichen Kunststoffen und Beschichtungen zu einer schlechten Korrelation mit der Realität. Prüfzyklen für Fluoreszenzgeräte haben mitunter längere Benässungszeiten (Kondensation) von vier Stunden oder länger. Durch das eingeschränkte Spektrum können aber nicht alle Effekte realistisch simuliert werden, wie sie bei Sonnen- und Xenonbogenstrahlung auftreten.

Beispiel für eine Freibewitterung in Florida. Bild: Atlas Material Testing

Beispiel für eine Freibewitterung in Florida. Bild: Atlas Material Testing

Erst in den letzten Jahren etablieren sich zunehmend Prüfzyklen, die versuchen, ein bestimmtes Klima und die dadurch ausgelösten produktspezifischen Alterungsvorgänge nachzustellen. In den USA führte eine langjährige Kooperation verschiedener Firmen zur Entwicklung einer Prüfnorm, die speziell die Alterungsbedingungen von Transportbeschichtungen in Florida nachvollzieht (ASTM D7869). Ein wichtiger Faktor bei der Entstehung dieser Norm war die Entwicklung von neuen optischen Filtersystemen für Xenongeräte, die näher an der natürlichen Sonnenstrahlung liegen als ältere Filtersysteme. Gerade die UV-Grenzwellenlänge kann ein wichtiger Faktor sein, um gute Korrelationen zu erzielen. Materialbedingt hängt die Feuchteaufnahme vom Verhältnis und von der Länge der Nass- und Trockenzeit sowie von der Temperatur ab. In dem entwickelten 24-stündigen Prüfzyklus wechseln sich daher lange Beregnungsphasen zur Feuchtesättigung mit Nass-/Trockenzyklen ab. So sollen verschiedene charakteristische Alterungserscheinungen nachgestellt werden, wie sie eben in Florida auftreten können.

Auch in der internationalen Kunststoffnormung (ISO TC 61/SC 6) beschäftigt man sich zunehmend mit speziellen Prüfzyklen für feuchteempfindliche Materialien und feuchte Klimazonen wie Florida und Mitteleuropa. Daneben sind auch die Messung der Wassermenge beziehungsweise der Nasszeit bei der künstlichen Bewitterung aktuelle Themen. Das Interesse an realistischeren Prüfungen ist auch hierzulande groß. Derzeit gibt es verschiedene öffentlich geförderte Projekte, die sich mit der klimaspezifischen Prüfung beschäftigen. Am Kunststoffzentrum SKZ läuft ein Projekt zur »verbesserten Vorhersage des Witterungsverhaltens von Kunststoffen für unterschiedliche Klimazonen« (IGF-Nr. 19506 N). Die Fraunhofer-Institute LBF und IPA kooperieren, um »Bewitterungszyklen mit hoher Signifikanz für Kunststoffe und Beschichtungen in der kühlgemäßigten Klimazone« (IGF-Nr. 20095 N) zu entwickeln.

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