Prozessprinzip der Desodorierung recycelter Kunststoffe mit Luftspülung und Wärmerückgewinnung
Recyclinganlagen
Rezyklate aus Kunststoff enthalten häufig flüchtige organische Verbindungen (VOC) sowie andere geruchsaktive oder störende Substanzen, die ihren Einsatz in hochwertigen Anwendungen einschränken. Um diese Verunreinigungen gezielt zu reduzieren, hat sich in der industriellen Praxis ein thermophysikalischer Entgasungsprozess mit Luftspülung bewährt.

Geruchsaktive Substanzen schränken die Einsatzmöglichkeiten von Rezyklaten ein. Der thermophysikalische Entgasungsprozess schafft hier Abhilfe (Bild: Zeppelin Systems).
Dieser thermophysikalische Entgasungsprozess kombiniert eine schonende Materialführung mit einer energetisch optimierten Prozessführung zur Entfernung flüchtiger Bestandteile. Ein solches Verfahren wurde von Zeppelin Systems unter dem Namen »Fresh-Tec« entwickelt und in der Industrie etabliert. Es basiert auf langjähriger Erfahrung in der Entgasung von Kunststoffneuware und wurde gezielt auf die Dekontaminierung von Rezyklaten übertragen. Das Verfahren besteht aus mehreren aufeinander abgestimmten Prozessstufen.
Stufe 1: Vorheizen
Das Rezyklat wird in einem speziell entwickelten Querstromwärmetauscher kontaktfrei auf eine definierte Entgasungstemperatur gebracht. Ziel ist es, die Flüchtigkeit der zu entfernenden Stoffe zu erhöhen und eine gleichmäßige Temperaturverteilung zu gewährleisten. Durch die spezielle Ausführung dieses Wärmetauschers lassen sich im Vergleich zu Festbettsilos höhere Strömungsgeschwindigkeiten und ein effizienterer Wärmeübergang realisieren. Zudem wird die Bildung von Kondensaten im Entgasungssilo deutlich reduziert.

»Fresh-Tec« ist eine innovative Desodorierungstechnologie für anspruchsvolle Rezyklatanwendungen (Bild: Zeppelin Systems).
Da das Rezyklat bereits vor Eintritt ins Silo auf die Zieltemperatur gebracht wird, kann der Luftvolumenstrom bei der Entgasung gesenkt werden. Dies verbessert nicht nur die Energieeffizienz, sondern entlastet auch nachgeschaltete Systeme zur Abluftbehandlung. Der Einsatz des Querstromwärmetauschers trägt damit wesentlich zu einem stabilen und wirtschaftlichen Betrieb bei.
Schritt 2: Entgasung
Beim Entgasen durch Luftspülung wird im Entgasungssilo das erwärmte Material kontinuierlich mit Luft durchströmt. Dabei werden VOCs aus dem Material ausgetrieben und durch die Luft abgeführt. Eine durch Strömungssimulationen optimierte Luftführung unterstützt die gleichmäßige und vollständige Dekontaminierung.
Stufe 3. Kühlen
Nach der Entgasung wird das Material kontrolliert abgekühlt. Dies erfolgt ebenfalls kontaktfrei über Luft, um ein Verkleben oder thermische Schäden zu vermeiden.
Wärmerückgewinnung
Ein zentrales Element moderner Desodorierungssysteme ist die Integration von Wärmerückgewinnungseinheiten. Luft-Luft-Wärmetauscher (Rekuperatoren) nutzen die Abwärme aus dem Entgasungssilo oder der Kühleinheit zur Vorwärmung der Frischluft. Dadurch lassen sich Energieverbrauch und Betriebskosten signifikant reduzieren. In der Praxis sind Einsparpotenziale von über 30 Prozent möglich.
Konzepte und Betriebsvarianten
Abhängig von Durchsatz, Produkttyp und Betriebsbedingungen lassen sich sowohl kontinuierliche als auch diskontinuierliche Varianten des Verfahrens realisieren. Während kontinuierliche Systeme besonders für große Mengen und eine konstante Produktqualität ausgelegt sind, bieten Batch-Anlagen Flexibilität für kleinere Produktionschargen oder häufige Produktwechsel.

Prozessablauf der kontinuierlichen Desodorierung (Bild: Zeppelin Systems).
Zur Vermeidung von Agglomeratbildung und Qualitätsschwankungen kommen spezifische konstruktive Maßnahmen wie das FIFO-Prinzip (First In First Out) zum Einsatz. Dieses stellt sicher, dass alle Materialpartikel gleiche Verweilzeiten und thermische Bedingungen durchlaufen. Bei kurzfristigen Prozessunterbrechungen kann das Material zudem in einem internen Kreislauf gefahren werden, um die thermische Gleichmäßigkeit und Fließfähigkeit zu gewährleisten.
Validierung im Technikum
Zeppelin Systems betreibt am Standort Friedrichshafen ein eigenes Technikum, in dem kundenspezifische Schüttgüter unter realitätsnahen Bedingungen getestet werden. Die Versuche reichen von Kleinstmengen bis zu Großversuchen im Kubikmeterbereich. Sie dienen der Ermittlung optimaler Betriebsparameter wie Entgasungstemperatur, Verweilzeit oder Verdünnungsgrad. Auch potenzielle Materialveränderungen oder die Bildung von Agglomeraten lassen sich so im Vorfeld bewerten.

Modular aufgebaute Desodorierungsanlage mit flexibel kombinierbaren Prozesseinheiten (Bild: Zeppelin Systems).
Mobile Versuchsplattform
Zur Evaluierung geeigneter Prozessparameter unter praxisnahen Bedingungen steht mit der mobilen Entgasungseinheit »Deo-L« von Zeppelin Systems eine flexible Lösung zur Verfügung. Insbesondere bei unbekannter oder stark schwankender Qualität des Eingangsmaterials ermöglicht das System Testreihen direkt beim Kunden vor Ort.
Parameter wie Verweilzeit, Temperaturführung oder Luftvolumenstrom lassen sich dabei realitätsnah ermitteln und dienen als belastbare Grundlage für die spätere Auslegung der stationären Industrieanlage. Auf diese Weise können Betriebsbedingungen präzise auf das spezifische Rezyklat abgestimmt und frühzeitig optimiert werden.
Frischekur für Rezyklate
Die thermophysikalische Desodorierung mittels Luftspülung ist eine praxiserprobte und skalierbare Technologie, um rezyklierte Kunststoffe gezielt aufzubereiten. Durch Kombination aus speziell entwickelten Komponenten, Wärmerückgewinnung und prozessstabiler Auslegung ist das Verfahren geeignet, Rezyklate für anspruchsvolle Anwendungen aufzubereiten – mit konstant hoher Qualität und hoher Energieeffizienz.


