Reifendrucksensorik »aus einem Guss«
Kunststoffteile für die Automobilindustrie
Für einen Hersteller von Reifendruckkontrollsystemen für Lkws produziert die Weiss Kunststoffverarbeitung GmbH & Co. KG die Sensorgehäuse im 2K-Verfahren. Dabei wird auch die Sendeantenne integriert, die die Messdaten per Funk weitergibt.

Das kompakte Sensorgehäuse für die Reifendruckmessung arbeitet unter ungünstigen Bedingungen (Bild: Weiss).
Die kontinuierliche Messung von Reifendruck und -temperatur ist gerade bei Nutzfahrzeugen wichtig, weil so die laufenden Betriebskosten durch Dieselverbrauch und Reifenverschleiß reduziert werden können. Zugleich beugt man Reifenschäden vor, die eine häufige Unfallursache sind. Deshalb müssen seit dem 7. Juli 2024 EU-weit neu zugelassene Lkw, Busse und schwere Anhänger mit Reifendruckkontrollsystemen (RDKS) ausgestattet sein. Dass diese Vorschrift zehn Jahre später als bei Pkw kommt, hat seinen Grund auch in der höheren technischen Komplexität: Die Zugmaschinen werden immer wieder neu mit Anhängern und Aufliegern kombiniert und im Gegensatz zu Pkw-Systemen soll nicht ausschließlich der Fahrer über den Reifenzustand informiert werden.
Ein spezialisierter Zulieferer hat schon vor rund zehn Jahren eine praxisgerechte Lösung für diese Aufgabe entwickelt: Reifendrucksensoren messen kontinuierlich Druck sowie Temperatur und geben die Messwerte regelmäßig an eine eigene Telematik-Einheit weiter. Diese gleicht die Daten mit kunden- und fahrzeugspezifischen Grenzwerten ab. Anschließend werden die Daten über eine SIM-Karte an einen Cloud-Server gesendet, wo sie von Werkstattverantwortlichen und Fuhrparkbetreibern abgerufen werden können. Basierend auf diesen Informationen schafft das Reifenmanagementsystem die Voraussetzungen dafür, frühzeitig einen Luftverlust oder eine Temperaturerhöhung zu erkennen und mit einer entsprechenden vorbeugenden Wartung ein Liegenbleiben des Fahrzeugs zu verhindern.
Produktion des Sensorgehäuses
Die Fertigung des Sensorgehäuses birgt dabei Herausforderungen, die erst dann offensichtlich werden, wenn man näher hinsieht – oder wenn man die Fertigungsprozesse bei der Weiss Kunststoffverarbeitung GmbH & Co. KG beobachtet, die im Auftrag des RDKS-Herstellers die Gehäuse fertigt.
Die Sensorik wird mit einem textilen Gurtsystem an der Felge befestigt. Ihr Kunststoffgehäuse bewahrt die sensible Messelektronik vor Beschädigungen während der Reifenmontage und ‑demontage. Neben dem zuverlässigen Schutz muss das Kunststoffgehäuse weitere integrale Anforderungen erfüllen, zum Beispiel die Aufnahme der Antennentechnik und die Zugangsmöglichkeit zum Drucksensor.
2K-Spritzguss mit PBT und TPE
Der Kunststoffspezialist entwickelte schon in der Anfrage- und Angebotsphase ein Produktionskonzept, das diese Besonderheiten berücksichtigt.

Das Produktionskonzept erlaubt farblich die kundenspezifische Anpassung des Gehäuses (Bild: Weiss).
Dieses Konzept beginnt nicht erst mit dem Kunststoffgranulat, sondern bereits mit einem filigranen Stanz-Biege-Teil, das als Antenne dient und die Sensorsignale an die Telematik-Einheit sendet. Das Teil wird automatisch vereinzelt und von einem Roboter in einem 2K-Werkzeug abgelegt, das mit einer Dreh-Wende-Vorrichtung ausgestattet ist. Die 2K-Spritzgießanlage umspritzt das Stanz-Biege-Teil zunächst mit einem Polybutylenterephthalat (PBT), aus dem das eigentliche Sensorgehäuse besteht, und im zweiten Prozessschritt mit einem weichen thermoplastischen Elastomer (TPE), das die Montageöffnungen schließt und eine Dichtung formt. Nach der automatisierten Inline-Prüfung werden die Gehäuse wiederum automatisiert in der Transportverpackung abgelegt.
Zwei automatisierte Inline-Prüfungen stellen sicher, dass die Bohrung, die den Luftdurchfluss durch den Sensor sicherstellt, vorhanden und ausreichend groß sowie dass die Antenne im Sensorgehäuse vorhanden ist.
»In-house« entwickeltes Konzept
Die Techniker erarbeiteten für die Produktion des Sensorgehäuses ein ausgeklügeltes Steuerungskonzept, bei dem der Roboter den Takt der Spritzgießmaschine bestimmt. Ebenfalls »eingebaut« in das Konzept ist die Flexibilität: Durch die Farbgebung hat der RDKS-Hersteller die Möglichkeit, die Sensorgehäuse in kundenspezifischer Optik zu liefern.
Der Hersteller ist mit dem Ergebnis, das der Illertissener Kunststoffspezialist projektiert hat und nun in der Fertigung umsetzt, vollauf zufrieden: Er kann die Anzahl seiner Zulieferer reduzieren, weil Weiss viele Prozessschritte übernimmt und einbaufertige Module anliefert. Zudem werden die hohen Qualitätsanforderungen erfüllt, und die Zusammenarbeit sowohl in der Projektierungsphase als auch im laufenden Projekt ist aus Kundensicht angenehm und produktiv.