Assistenzsysteme für Spritzgießmaschinen: Software reduziert Kontrollzeiten

Artikel vom 23. Januar 2024
Spritzgießmaschinen

Das polnische Unternehmen SolidPlast Sp.z o.o. fertigt im Kundenauftrag eine dreiteilige Baugruppe für eine Gasmesszelle aus Polyoxymethylen (POM). Im Spritzgießen ergeben sich insbesondere durch die Schwindung des vom Kunden vorgegebenen Materials technische Herausforderungen, die bei der Serienfertigung beachtet werden müssen. Hierfür setzt das Unternehmen Assistenzsysteme von Engel ein.

Agieren statt reagieren: Mithilfe des Assistenzsystems können auftretende Veränderungen bei den Prozessparametern schnell und in der laufenden Produktion korrigiert werden (Bild: Engel).

Agieren statt reagieren: Mithilfe des Assistenzsystems können auftretende Veränderungen bei den Prozessparametern schnell und in der laufenden Produktion korrigiert werden (Bild: Engel).

Auf den 700 Quadratmetern Produktionsfläche stehen 17 Spritzgießmaschinen. So nutzt SolidPlast Sp.z.o.o. den Platz bestmöglich aus. Die engen Platzverhältnisse waren ein Grund, warum das Unternehmen im Jahr 2020 eine erste holmlose Spritzgießmaschine des Typs »victory« von Engel angeschafft hat. Für Dariusz Barton, der gemeinsam mit Bartłomiej Ustowski das Unternehmen führt, genießt die Produktivität in der Serienproduktion absolute Priorität. Und er lebt einen Traum: »Keine Qualitätskontrollen mehr. Ich möchte, dass wir in diese Richtung gehen und in diese müssen wir gehen.« Ein erster Schritt sind die neu angeschafften Spritzgießmaschinen »victory 320/100« und eine vollelektrische »e-mac 265/80«. Sie dienen neben der Produktion vor allem einem Aspekt: wichtige Erkenntnisse für die aktuelle und zukünftige Produktion zu erlangen. Ermöglicht wird das durch die Nutzung der digitalen Assistenzsysteme von Engel, insbesondere von »iQ Process observer«.

Mehrere hundert Prozessparameter überwachen

Bei der Prozessüberwachung »iQ process observer« handelt es sich um eine Softwarelösung, mit deren Hilfe gleich mehrere hundert Prozessparameter auf einmal in Echtzeit überwacht werden. So können prozessrelevante Abweichungen detektiert und gleichzeitig ausgewertet werden. Das System erkennt automatisch, ob die Abweichungen sich negativ auf die laufende Produktion auswirken. Das gelingt durch einen Algorithmus, der die gemessenen Daten nicht nur verwertet, sondern die auf Daten basierende Expertise von SolidPlast zur Optimierung von Prozessen nutzt. Der Spritzgießzyklus gewinnt an Stabilität und trägt zu einer Serienproduktion auf gleichbleibend hohem Qualitätsniveau bei. Die Überwachung und Fehlerdiagnose in Echtzeit leisten somit einen wichtigen Beitrag zur Reduzierung der Kosten und zur Einsparung von Energie.

Null-Fehler-Produktion und mehr Prozesseffizienz

Die Bauteile für die Gasmesszellen stellen besonders hohe Anforderungen an den Spritzgießprozess. Die komplexe Baugruppe, die aus einem Mittelteil sowie je einer linken und rechten Außenwand besteht, wird komplett aus POM gefertigt. Neben der sehr genauen Abbildung der insgesamt 32 Stifte des Mittelteils (Schussgewicht 170 Gramm) mit einem Stiftdurchmesser von jeweils nur drei Millimetern mussten zudem die Löcher in den Seitenteilen mit dem passgenauen Durchmesser sauber gespritzt werden.

Alles im Blick: Auf mobilen Endgeräten informiert sich Dariusz Barton orts- und zeitunabhängig über den Status quo in der Produktion (Bild: Engel).

Alles im Blick: Auf mobilen Endgeräten informiert sich Dariusz Barton orts- und zeitunabhängig über den Status quo in der Produktion (Bild: Engel).

Die nachträgliche Schwindung des Materials sorgte für eine weitere Herausforderung. Die Maßhaltigkeit erhält dabei durch die vollautomatisierte Montage beim Kunden zusätzliche Bedeutung in der Prozessabwicklung. Wegen der Materialschwindung erfolgt die Montage grundsätzlich erst sieben Tage nach der Teilefertigung.

Die beiden äußeren Gehäuseteile werden auf der neuen »victory 320/100« produziert, die neben »iQ process observer« auch mit den Assistenzsystemen »iQ weight control« und »iQ clamp control« ausgestattet ist. »IQ weight control« analysiert während des Einspritzvorgangs die Spritzdruckkurve mit einem Referenzzyklus und passt für jeden Zyklus einzeln das Einspritzprofil, den Umschaltpunkt und den Nachdruck automatisch an die aktuellen Bedingungen an. Schwankungen in der Umgebung und im Rohmaterial werden auf diese Weise ausgeglichen, bevor auch nur ein Ausschussteil produziert wird. Für eine optimierte Schließkraft sorgt »iQ clamp control«. Die Software ermittelt auf Basis der Werkzeugatmung den für den jeweiligen Spritzgießprozess bestmöglichen Wert.

Im Falle der Gasmesszellen zeigte sich, dass eine niedrigere Schließkraft ausreicht als ursprünglich manuell eingestellt wurde. Dieses System hat damit das Problem des Überspritzens gelöst, sodass SolidPlast in der Lage ist, vollautomatisiert gratfreie Teile zu produzieren. Gleichzeitig sinkt mit einer niedrigeren Schließkraft der Energieeinsatz, und der Werkzeugverschleiß wird verlangsamt.

Beide Assistenzsysteme kamen bereits zum Einsatz, die Anwendung von »iQ process observer« war jedoch neu. »Ich kann sagen, dass ›iQ process observer‹ für uns genau das richtige Instrument ist, um einen stabilen Prozess und die erforderliche Qualität zu kontrollieren«, resümiert Barton die Testphase.

Anpassung an die eigenen Erfordernisse

Er demonstriert den Ist-Zustand aus seinem Büro heraus auf einem 32-Zoll-Bildschirm und zeigt alle Parameter, die er für seinen Prozess definiert hat. »So habe ich auf Energiewerte oder das Teilegewicht verzichtet, weil das im ersten Schritt für uns irrelevante Informationen sind. Leistung, Temperatur und Heizungseinstellungen der Plastifiziereinheit dagegen sind für uns elementare Daten.« So konnte er das System an seine Bedürfnisse anpassen und freut sich, weil alle relevanten Signale auf dem Bildschirm grün leuchten. Für den Techniker liefert das System über die gesamte Historie eine Trendbeobachtung und reduziert seine Informationen nicht allein auf einen Zyklus. Das Bedienpersonal kann so reagieren, bevor eine Maschine angehalten werden muss.

Über das Engel-Kundenportal »e-connect« holen sich Bartłomiej Ustowski (li.) und Dariusz Barton wichtige Daten auf den großen Monitor im Besprechungszimmer und machen dort die Produktionstrends transparent (Bild: Engel).

Über das Engel-Kundenportal »e-connect« holen sich Bartłomiej Ustowski (li.) und Dariusz Barton wichtige Daten auf den großen Monitor im Besprechungszimmer und machen dort die Produktionstrends transparent (Bild: Engel).

Mit dem Assistenzsystem kann sich der Betrieb darauf verlassen, dass die Produktion zuverlässig Gutteile liefert. Das System spart bares Geld, weil die Zeit, die täglich für Qualitätskontrollen im Labor aufgewendet wird, bereits reduziert wurde. Fast elf Stunden spart SolidPlast bereits heute jeden Monat ein. Hinzu kommen positive Überraschungen. So wurden zum Beispiel Probleme bei der Temperierung erkannt, obwohl die Temperiergeräte von einem anderen Anbieter stammen und nicht in die Steuerung integriert sind. Durch die Historie kann der Betrieb zudem den Verschleiß des Werkzeugs besser vorhersagen, was zu höheren Standzeiten führt. Zum Beispiel hat das System gemeldet, dass das Werkzeug auf Gelb steht, weil der Auswerfer mit einer höheren Kraft auswirft − eine Information, die kein Problem für das Bauteil darstellt, aber für das Werkzeug. Es wurde daher gereinigt und gefettet, was sich positiv auf seine Lebensdauer auswirken wird.

Ganzheitliche Transparenz und Wissen

Moderne Technik und digitale Tools schaffen Transparenz und Wissen rund um Werkzeuge, Maschinen und Prozesse. Für Dariusz Barton ein absolutes Muss in Zeiten, in denen die Anforderungen der Kunden stetig wachsen. »Wir haben gezielt nach einem Anbieter gesucht, der auch für unsere zukünftigen Anforderungen alles bietet und offen ist für die neuen digitalen Möglichkeiten.« Auch die interne Umsetzung ist konsequent: Neue Mitarbeiter lässt er gezielt im Umgang mit der »CC300«-Steuerung der Spritzgießmaschinen von der Vertriebs- und Serviceniederlassung Engel Polska schulen. Seine Mitarbeitenden arbeiteten mit der Steuerung wie mit ihrem Mobiltelefon. Die »CC300«-Steuerung sei leicht und intuitiv zu bedienen, was vor allem deshalb wichtig sei, da die Suche nach qualifiziertem Personal mit Erfahrung in der Spritzgießtechnik immer schwieriger werde.

Da die beiden Gründer über ein sehr tiefes Prozessverständnis verfügen, ist das Unternehmen für Engel auch ein interessanter Entwicklungspartner. So wurde SolidPlast für das neue »Shopfloor Monitoring« als Nullserienkunde gewonnen. Die Lösung ermöglicht die Überwachung sowie die Analyse der gesamten Produktion an einem zentralen Monitor – zu jeder Zeit und von jedem Ort aus. Die Kennzahlen zu Ausschussrate, Stillstandzeiten, Zykluszeiten etc. schaffen Transparenz über den gesamten Maschinenpark und unterstützen die Optimierung der Prozesse mit dem Ziel, die Gesamteffizienz zu verbessern.

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