Lösungen für die Konjunkturflaute gefordert

Artikel vom 5. September 2023
Verbände, Ausbildung und Weiterbildung

Das erste Halbjahr war für die Kunststoff verarbeitende Industrie von einem deutlichen Umsatzrückrang gekennzeichnet. Der Gesamtverband Kunststoffverarbeitende Industrie e.V. (GKV) fordert von der deutschen Bundesregierung eine Kurskorrektur in der Wirtschaftspolitik.

GKV-Präsidentin Dr. Helen Fürst ist alleinige Gesellschafter-Geschäftsführerin der Fürst GmbH (Bild: GKV).

GKV-Präsidentin Dr. Helen Fürst ist alleinige Gesellschafter-Geschäftsführerin der Fürst GmbH (Bild: GKV).

Geringere Umsätze im Handel und in wichtigen Industriezweigen ließen den Umsatz der Kunststoff verarbeitenden Industrie in den Monaten Januar bis Juni 2023 nach Angaben des Statistischen Bundesamtes um 4,6 % gegenüber dem Vorjahr sinken. Die Zahl der Beschäftigten bewegt sich noch auf dem Vorjahresniveau, allerdings machen Branchenunternehmen vermehrt vom Instrument der Kurzarbeit Gebrauch. Auch das Geschäftsklima für die Hersteller von Kunststoffwaren ist ausweislich des Geschäftsklimaindex des ifo Institut – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e.V. weiter deutlich negativ.

Halbzeuge besonders betroffen

Ein Teil des Umsatzrückgangs kann dabei auf gegenüber dem Vorjahr veränderte Rohstoffpreise zurückgeführt werden, aber auch der Umsatzrückgang in vielen wichtigen Kundenindustrien trifft die Kunststoff verarbeitende Industrie spürbar. Besonders stark von der Konjunkturflaute betroffen sind Hersteller von Halbzeugen wie Platten und Folien aus Kunststoff, deren Umsätze um 10,8 % zurückgingen. Die Umsätze der Hersteller von Verpackungsmitteln aus Kunststoff waren mit 6 % ebenfalls rückläufig. Hier schlagen sich insbesondere die schwachen Umsätze im Einzelhandel und die Umsatzrückgänge in wichtigen Kundenindustrien wie der Chemieindustrie nieder.

Die Hersteller von Baubedarfsartikeln aus Kunststoff verzeichneten mit rund 8 % ebenfalls ein deutliches Umsatzminus. Gestiegene Zinsen dämpften die Nachfrage am Bau zuletzt spürbar. Zulegen konnten hingegen die Hersteller sonstiger Kunststoffwaren, insbesondere technischer Kunststoffprodukte, mit einem Umsatzplus von 4,7 %. Nach einem krisenhaften Vorjahr verzeichnete die Automobilindustrie zuletzt wieder Umsatzsteigerungen, allerdings sind Experten skeptisch, ob der Aufschwung in der zweiten Jahreshälfte andauert.

Die Ampel ist gefordert

»In der aktuellen Verfassung droht dem Industrieland Deutschland die massenhafte Abwanderung von Produktion in andere Länder und ein langsames Ausbluten durch den fehlenden Nachwuchs an Fachkräften. Die deutsche Bundesregierung muss jetzt mindestens einen Gang hochschalten«, fordert die Präsidentin des Gesamtverbands Kunststoffverarbeitende Industrie e.V. (GKV), Dr. Helen Fürst. »Das von der Bundesregierung angekündigte sogenannte Wachstumschancengesetz reicht mit 6 Milliarden Euro Fördervolumen und diversen bürokratischen Hürden für die antragstellenden Unternehmen in keiner Weise aus, um der Industrie den notwendigen Schwung zurückzugeben, und wird absehbar gerade die mittelständische Industrie nicht in dem notwendigen Maße erreichen. Bei wichtigen Anliegen der Industrie wie international wettbewerbsfähigen Strompreisen, einer großen Unternehmenssteuerreform und eines kräftigen Investitionsschubs für die Digitalisierung unserer Wirtschaft ist die Regierungskoalition auf Bundesebene uneinig oder erkennbar gänzlich unwillig. Stattdessen belastet die Regierung die Industrie beispielsweise durch die Abschaffung des Stromsteuerspitzenausgleichs zur Unzeit. Das schadet dem Industrieland Deutschland.«

Die Präsidentin des GKV führte weiter aus: »Um die Wirtschaft aus der Krise zu führen, ist ein breit angelegter und unmittelbar wirksamer Befreiungsschlag für die Wirtschaft erforderlich, welcher unter anderem folgende Maßnahmen enthält: Die Stromsteuer muss auf das europäische Mindestniveau abgesenkt werden. Es wäre sinnvoll, dass der Bund die Netzentgelte vollständig in den Bundeshaushalt übernimmt. Wir brauchen Unternehmenssteuern, deren Niveau international wettbewerbsfähig ist. Der private Wohnungsbau und die energetische Sanierung von Wohngebäuden müssen endlich von der Überfrachtung mit Standards befreit werden. Deutschland muss deutlich schneller und konsequenter ausländische Fachkräfte aktiv werben.«

Teilen
PDF-Download
Weiterempfehlen
Drucken
Anzeige Hersteller aus dieser Kategorie