Sensorik überall drahtlos integrieren

Artikel vom 2. Januar 2023
Formen und Werkzeuge

Dass die Zahl der benötigten Sensoren im Zuge der Digitalisierung exponentiell zunehmen wird, steht außer Frage. Aber ist das automatische Messtechnik, wie sie heute und teilweise bereits seit Jahrzehnten eingesetzt wird, oder muss man dieses Thema völlig neu denken, um den neuen Anforderungen nach mehr Konnektivität und Flexibilität gerecht zu werden? Die in Fulda ansässige Jumo GmbH & Co. KG geht hier ganz neue Wege.

Das neuartige Konzept ermöglicht völlig neue Sensorlösungen mit integrierter Energieversorgung und drahtloser Anbindung (Bild: Jumo).

Das neuartige Konzept ermöglicht völlig neue Sensorlösungen mit integrierter Energieversorgung und drahtloser Anbindung (Bild: Jumo).

Ausgangspunkt des von Jumo neu entwickelten Konzepts der »Digitalen Freiform Multisensorik (DFM)« ist die »plastoSens«-Technologie des Unternehmens. Bei diesem innovativen Verfahren werden die Sensoren nicht wie bisher üblich in einem Metallrohr vergossen, sondern im Spritzgussverfahren mit Kunststoff ummantelt.

So könnte ein »plastoSens«-Rohranlegefühler in einer »DFM«-Variante aussehen (Bild: Jumo).

So könnte ein »plastoSens«-Rohranlegefühler in einer »DFM«-Variante aussehen (Bild: Jumo).

Der größte Vorteil von Sensorik aus Kunststoff ist die völlige Formfreiheit, »plastoSens«-Produkte passen sich an die jeweilige Einbausituation an. So kann zum Beispiel ein Temperatursensor komplett in eine Kunststoffrohrleitung integriert werden. Oder er ist rund, spiralförmig und hat einen Winkel – der Vorstellungskraft sind fast keine Grenzen gesetzt.

Messtechnik auf Basis dieser Technologie wird bereits jetzt in Motorenwicklungen oder in weißer Ware eingesetzt und kann dort zusätzliche Vorteile wie Wasserdichtigkeit oder Vibrationsfestigkeit ausspielen. Doch das ist erst der Beginn einer Entwicklung, die weit über herkömmliche Sensortechnik hinausgehen könnte.

Mit dem »DFM«-Projekt blickt Jumo ein Stück weit in die Zukunft der Messtechnik in einer digitalisierten Welt. Im Mittelpunkt steht hier ein sogenannter Modulbaukasten, in dem Sensorik für diverse Messgrößen in einem »plastoSens«-Kunststoffgehäuse verbaut wird.

Mehrere Messgrößen mit einem Sensor erfassen

Verschiedene Messgrößen wie Temperatur, Druck, Feuchte oder Kraft können in sogenannten Multi-Sensorknoten zusammengefasst werden. Da ebenfalls ein Microcontroller in das Gehäuse integriert ist, können sowohl digitale als auch analoge Sensoren verwendet werden. Der Vorteil liegt auf der Hand: Es müssen nicht mehr verschiedene Sensoren an der Messtelle verbaut werden, sondern nur noch ein platzsparendes Gehäuse.

Doch was tun, wenn diese Einbaustelle schwer zu erreichen ist? Oder wenn es sich nur um eine temporäre Messung während der Inbetriebnahme einer Anlage handelt? Gibt es eine Möglichkeit, die in diesem Fall oft aufwendige Verkabelung einzusparen? Natürlich, indem man den Sensorknoten eine drahtlose Übertragung ermöglicht.

Einsparung des Verkabelungsaufwands

»DFM« nutzt hierfür die sogenannte Bluetooth-Low-Energy-Technologie (BLE), die im Bereich des Internet of Things immer interessanter wird. Es handelt sich hierbei um eine Funktechnik, mit der Geräte über eine Distanz von bis zu 50 Metern miteinander kommunizieren können. Im Gegensatz zur klassischen Version von Bluetooth verbraucht BLE deutlich weniger Energie, und auch die Herstellungskosten für einen BLE-Chip sind geringer. Dank des etablierten BLE-Protokolls ist die Technologie sehr gut für den Einsatz in Sensornetzwerken geeignet. Hier ermöglicht sie eine regelmäßige und effiziente Überwachung physikalischer Größen ohne aufwendige und wartungsintensive Kabelinstallationen.

Der niedrige Energieverbrauch ist zwar ein großer Vorteil von Bluetooth Low Energy, aber ganz ohne Strom geht es dennoch nicht. In den Sensorknoten ist deshalb eine Knopfzelle als Akku integriert. Auch hier setzt Jumo auf eine Zukunftstechnologie, denn mittels Energy-Harvesting können sich die Module selbst mit Energie versorgen.

Unter Energy-Harvesting versteht man das »Ernten« kleiner elektrischer Energiemengen aus der Einbauumgebung. Dabei kann es sich beispielsweise um thermale, solare oder induktive Energie handeln, die über einen Energiewandler die Knopfzelle auflädt. Es reicht also beispielsweise schon die Abwärme eines Rohres oder die Vibration eines Maschinenteils aus, um die Strommenge zu erzeugen, die der Sensorknoten benötigt.

48 Messstellen ohne Verkabelungsaufwand integrieren

Auch in Sachen Konnektivität ist die »Digitale Freiform Multisensorik« für das digitale Zeitalter sehr gut gerüstet. Bis zu 16 Sensormodule können mit einem Gateway-Empfänger verbunden werden. Geht man rein rechnerisch zum Beispiel von drei Messgrößen pro Sensorknoten aus, so kann ohne jeden Verkabelungsaufwand ein Sensornetzwerk für 48 Messstellen realisiert werden.

Die Anbindung des Gateway-Empfängers an ein übergeordnetes System ist auf vielfältige Weise möglich. Neben Profibus, Profinet, CAN, Ethernet, LAN, Modbus TCP und IO-Link unterstützt das System auch den OPC-UA-Standard und ermöglicht damit eine Cloud-Anbindung.

Die Konfiguration der Sensorknoten erfolgt ebenfalls via Bluetooth über einen PC oder ein Notebook. Der Echtzeit-Export von Messdaten in eine (CSV-)Logdatei ist ebenso möglich wie die Anzeige und Ausgabe von Messdaten eines oder auch mehrerer Sensorknoten im Parallelbetrieb.

Als erste Entwicklung mit der »DFM«-Technologie ist aktuell die Erweiterung der bestehenden »plastoSens T04«-Rohranlegefühler um ein »DFM«-Modul in Vorbereitung. Jeweils bis zu drei Rohranlegefühler könnten dann ohne Hilfsenergie mit einem Modul betrieben werden, welches die Messsignale drahtlos überträgt.

Grafik eines »DFM«-Sensormoduls für verschiedene Messgrößen (Bild: Jumo).

Grafik eines »DFM«-Sensormoduls für verschiedene Messgrößen (Bild: Jumo).

Innovative Messtechnik im individuellen Kunststoffdesign

Jumo präsentierte 2017 mit der »plastoSens«-Technologie eine Weltneuheit, bei der Messtechnik im Spritzgussverfahren hergestellt wird. Diese Technologie eröffnet völlig neue Wege in der Gestaltung von Sensoren und hat damit das Potenzial, die Messtechnik in anwendungsorientierten Einsatzgebieten zu revolutionieren.

Auch Temperaturfühler sind dank Kunststoff in vielen Formen realisierbar (Bild: Jumo).

Auch Temperaturfühler sind dank Kunststoff in vielen Formen realisierbar (Bild: Jumo).

Das bisher bei Sensoren verwendete Metall wird durch neuartige Thermoplaste ersetzt, wodurch sich nahezu unendlich viele Möglichkeiten für gänzlich unterschiedliche Einbausituationen ergeben. Die verwendeten Thermoplaste können dabei individuell zusammengesetzt werden. So lassen sich zum Beispiel wärmeleitende und nicht wärmeleitende Kunststoffe kombinieren, um die Ansprechzeiten zu verbessern und den Wärmeableitfehler zu senken. Durch den Zusatz verschiedener Additive wie Glasfasern oder UV-Schutz kann die Stabilität der Temperaturfühler verbessert werden. Diese individuellen und kundenspezifischen Zusammensetzungen bieten gute Voraussetzungen für einen zuverlässigen Einsatz in unterschiedlichen Branchen sowie eine lange Lebensdauer der Messtechnik.

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