UVC-Desinfektion und die Herausforderungen an die Beständigkeit von Kunststoffen

Artikel vom 4. April 2022
Allgemeine Mess- und Prüfsysteme und Sensoren

Kunststoffe und Beschichtungen können durch UVC-Strahlung unnatürlich schnell altern. Ein neues Prüfgerät von Atlas Material Testing sowie ein UVC-Dosis-Kalkulator unterstützen die Prüfung der Materialien hinsichtlich Beständigkeit gegenüber UVC-Desinfektionsmaßnahmen.


Das neue UVC-Prüfgerät ist darauf ausgelegt, die Haltbarkeit von Werkstoffen zu testen, die einer UVC-Bestrahlung zur Oberflächendesinfektion ausgesetzt werden. Mit einer 254 nm zentrierten Bestrahlung und kontrollierter Prüftemperatur lassen sich UVC-Desinfektionen realistisch nachbilden (Bild: Atlas Material Testing).

Das neue UVC-Prüfgerät ist darauf ausgelegt, die Haltbarkeit von Werkstoffen zu testen, die einer UVC-Bestrahlung zur Oberflächendesinfektion ausgesetzt werden. Mit einer 254 nm zentrierten Bestrahlung und kontrollierter Prüftemperatur lassen sich UVC-Desinfektionen realistisch nachbilden (Bild: Atlas Material Testing).

Seit Ausbruch der weltweiten Covid19-Pandemie wird vermehrt UVC-Strahlung zur Desinfektion von Oberflächen eingesetzt, mit denen wir im Alltag in Kontakt kommen können. UVC-Desinfektionen werden mittels autonom agierender Roboter durchgeführt oder kommen als einfache Handgeräte sowohl im gewerblichen als auch im privaten Bereich immer häufiger zum Einsatz.

Die Bedienung erfolgt einfach und intuitiv über den Touchscreen. Über ihn wird auch der UVC-Dosis-Kalkulator aufgerufen (Bild: Atlas Material Testing).

Die Bedienung erfolgt einfach und intuitiv über den Touchscreen. Über ihn wird auch der UVC-Dosis-Kalkulator aufgerufen (Bild: Atlas Material Testing).

Die Oberflächen werden zum Teil mehrmals täglich UVC-Strahlung ausgesetzt. Die hohe Strahlungsenergie ist zwar einerseits ein Segen, da sie so hoch ist, dass sie Viren und Bakterien abtötet, andererseits aber ein Fluch für Kunststoffe und Beschichtungen, die durch UVC-Strahlung unnatürlich schnell altern können. Wie prüfen wir die Produktbeständigkeit bezüglich UVC? Welche Prüfgeräte und Prüfmethoden eignen sich am besten?

UVC-Prüfmethoden

Seit mehr als 100 Jahren werden Tests zur Wirkung der UV-Strahlung von Sonnenlicht im Freien oder hinter Fensterglas durchgeführt, was zu vielfältigen UV-Lichtschutzmitteln und Anti-Oxidantien in Form von Additiven geführt hat. Nachdem erst seit kurzem erste kommerzielle UVC-Prüfgeräte verfügbar sind, sind die Informationen zur Wirkung von Additiven hinsichtlich UVC noch begrenzt. Lediglich zwei standardisierte Prüfmethoden liegen momentan vor, die sich speziell auf die UVC-Prüfung von Werkstoffen beziehen.

Ein handliches Kalibirier-Radiometer für Bestrahlungsstärke ist als Zubehör erhältlich (Bild: Atlas Material Testing).

Ein handliches Kalibirier-Radiometer für Bestrahlungsstärke ist als Zubehör erhältlich (Bild: Atlas Material Testing).

Die IEC 60335-1 (2020), Anhang T mit dem Titel »UV-C Strahlenwirkung auf nichtmetallische Werkstoffe« verweist auf die Standards ISO 4892-1 und -2, welche die Anforderungen von künstlichen Bewitterungstests an Kunststoffen beschreiben. Im Anhang wird auf die Veränderung von ISO 4892-2 zur Verwendung »…einer Quecksilberniederdrucklampe…« mit einer Beleuchtungsstärke von 10 W/m² bei 254 nm hingewiesen. Weitere Testanforderungen sind eine Schwarzstandard-Temperatur von 63 Grad Celsius und eine Expositionszeit von 1000 Stunden.

Hinsichtlich der Durchführbarkeit dieser Methode bestehen einige Bedenken. Erstens ist es praktisch unmöglich, kommerziell erhältliche und für die ISO 4892-2 ausgelegte Xenon-Geräte mit UVC-Lampen zu modifizieren. Zweitens erscheint die Schwarzstandard-Temperatur für die Simulation der Oberflächentemperatur zu hoch, da typische UVC-Desinfektionsanwendungen in der Regel in Innenräumen mit wesentlich niedrigeren Temperaturen stattfinden. Letztlich übersteigt auch die Expositionsdauer von 1000 Stunden die typischen Anwendungen bei weitem, selbst wenn UVC-Geräte über den notwendigen Gebrauch hinaus eingesetzt würden. Um realitätsnahe UVC-Expositionsdauern pro Jahr zu erreichen, werden wahrscheinlich weniger als 100 Stunden ausreichen.

Die zweite Prüfmethode stammt aus den USA von der Business and Institutional Furniture Manufacturers Association (BIFMA). Unter vielen anderen Tests wird in diesem Dokument die Anforderung erwähnt, eine UVC-Lichtquelle mit einer bei 254 nm zentrierten Strahlung innerhalb von 291 kJ/m² zwischen 12 und 24 Stunden zu verwenden. Diese Testdauer bezieht sich hierbei auf eine Produktlebensdauer von sieben Jahren − allerdings lediglich einer UVC-Anwendung pro Woche und jeweiligen Dosierung von 0,8 kJ/m². Laut den Autoren kommt dies der Anforderung gleich, einen spezifischen Erreger unwirksam zu machen.

Kurzfristig sind wohl keine Neuveröffentlichungen neuer UVC-Prüfstandards zu erwarten. Hoffungsvoll sind jedoch erste Ansätze und unterstützende Projekte für die Entwicklung neuer Testmethoden für Kunststoffe und Elektronikprodukte in Normungsgremien wie ASTM/ISO/IEC, die in mehreren Arbeitsgruppen momentan erarbeitet oder gestartet wurden.

UVC-Prüfgerät

Das vor kurzem von Atlas Material Testing Technology eingeführte Prüfgerät »Atlas UVC Test« ist darauf ausgelegt, die Haltbarkeit von Werkstoffen zu testen, die einer auf 254 nm zentrierten Bestrahlung ausgesetzt werden. Es basiert auf den quasi baugleichen UV-Fluoreszenz-Prüfgeräten mit UVB- oder UVA-Leuchtstoffröhren, verfügt jedoch über erweiterte Sicherheitsfunktionen sowie über spezielle Modifikationen, um den höchstmöglichen Schutz vor Kontakt mit UVC-Strahlung zu gewährleisten. Der Intensitätsbereich der UVC-254-Lampen reicht von 2,0 bis 7,0 mW/cm². Es simuliert somit typische ultraviolette keimtötende Bestrahlungen (UVGI) und bietet zudem Raum für intensivierte Prüfungen. Das Prüfgerät kontrolliert neben der Bestrahlungsstärke auch die Schwarztafeltemperatur im Bereich typischer Anwendungen zwischen 35 und 80 Grad Celsius. Dunkelphasen lassen sich ebenfalls programmieren, die mit Blick auf mögliche Sättigungseffekte bzw. Relaxationszeiten durch UVC-Bestrahlung sinnvoll sein können.

Der innere Aufbau des UVC-Prüfgeräts (Bild: Atlas Material Testing).

Der innere Aufbau des UVC-Prüfgeräts (Bild: Atlas Material Testing).

Um ein besseres Verständnis für die verschiedenen Anwendungen und die wirkenden UVC-Strahlungsenergien in definierten Zeiträumen zu erlangen, hat Atlas einen praktischen UVC-Dosis-Kalkulator entwickelt. Hierfür ist die Eingabe der UVC-Strahlungsenergie pro Anwendung, der Anzahl der erwarteten Anwendungen pro Woche, die erwartete Gebrauchsdauer des geprüften Werkstoffs, die Strahlungsintensität während des Tests sowie die Dauer der Hell- und der Dunkel-Phasen erforderlich. Der Kalkulator bestimmt abschließend die jeweils erforderliche Prüfdauer im Prüfgerät.

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