Haltbarkeit und Nachhaltigkeit in Balance

Artikel vom 3. Januar 2023
Allgemeine Mess- und Prüfsysteme und Sensoren

Alle polymeren Werkstoffe altern unter der Einwirkung von Sonnenstrahlung, Wärme und Wasser. Diese sogenannten primären Wetterfaktoren setzen chemische und physikalische Alterungsprozesse in Gang, die nach einiger Zeit zu messbaren Eigenschaftsänderungen und schließlich zum Produktversagen führen.

Laborbewitterung von Kunststoffen trägt dazu bei, die Entwicklung lichtabbaubarer Kunststoffe durch vergleichbare und wiederholbare Bewitterungsdaten zu unterstützen (Bild: Atlas Material Testing).

Laborbewitterung von Kunststoffen trägt dazu bei, die Entwicklung lichtabbaubarer Kunststoffe durch vergleichbare und wiederholbare Bewitterungsdaten zu unterstützen (Bild: Atlas Material Testing).

Kunststoffprodukte landen am Ende ihres Lebens oft in der Umwelt. In den Ozeanen sammeln sich große Mengen Plastikmüll, weggeworfene Plastiktüten verunreinigen Wälder und Mikroplastikpartikel dringen in die organische Nahrungskette. Bio- oder photoinduzierter Abbau von Kunststoffen wäre sehr hilfreich, um diese Effekte abzuschwächen. Dies gilt insbesondere für Kunststoffmaterialien, die in Verpackungen oder Konsumgütern verwendet werden.

So wünschenswert es ist, dass Kunststoffe in der Natur durch Sonnenstrahlung und Mikroorganismen unschädlich gemacht werden, so wichtig ist es doch auch, die angestrebte Lebensdauer zu erreichen, um eine einwandfreie Produktfunktion zu gewährleisten. Ideal wäre es, wenn Polymere erst kurz nach ihrer vorgesehenen Lebensdauer, die im Wesentlichen von der Stabilisierung und den Einsatzbedingungen abhängt, degradieren, nicht aber vorher.

Beschleunigte Prüfung

Um Lebensdauern unter dem Einfluss von Wetterfaktoren zu ermitteln, kommt im Labor eine beschleunigte Haltbarkeitsprüfung zum Einsatz, die sogenannte Laborbewitterung. Sie hilft bei der Auswahl der wirtschaftlichsten und an die Anwendung am besten angepassten Materiallösung. Auf der einen Seite trägt die Vermeidung vorzeitiger Produktausfälle dazu bei, Abfall, Ausschuss und Deponievolumen zu reduzieren und wirkt Ressourcenverschwendung entgegen. Auf der anderen Seite kann moderne beschleunigte Bewitterungstechnologie ein »Over-Engineering« der Produkte verhindern. Das spart teure Additive, die oft umwelt- oder gesundheitsschädlich sind.

Hier besteht ein Zielkonflikt zwischen Umweltbeständigkeit und Umweltverträglichkeit, oder in anderen Worten: zwischen Haltbarkeit und Nachhaltigkeit. Die gleiche solare Strahlung, gegen die ein Material während seiner Lebensdauer beständig sein muss, soll später zum Photoabbau führen. Einfach zu lösen ist dieser Konflikt nur für Produkte, die während ihres Gebrauchs von der Sonnenstrahlung abgeschirmt sind. Für alle anderen Polymere müssen Lichtbeständigkeit und Photoabbau gegeneinander ausbalanciert werden − eine sehr anspruchsvolle Aufgabe für die Materialentwicklung.

Standardisierte Verfahren

Um vergleichbare Prüfbedingungen für den Photoabbau bzw. die Photobeständigkeit von Kunststoffen zu schaffen, hat sich die amerikanische Association for Testing and Materials (ASTM) bereits vor mehr als 15 Jahren zum Ziel gesetzt, Bewitterungsverfahren für photoabbaubare Polymere zu standardisieren. Als Ergebnis entstand eine Reihe von Normen, die auf unterschiedlichen Technologien basieren.

Die Norm ASTM D5071 Standard Practice for Exposure of Photodegradable Plastics in a Xenon Arc Apparatus nutzt gefilterte Xenonbogenstrahlung und wurde vor kurzem bestätigt. Der Bewitterungstest an sich soll gemäß der Basis-Xenon-Prüfnorm ASTM G155 durchgeführt werden. ASTM D5071 spezifiziert drei Prüfzyklen für unterschiedliche Einsatzbedingungen:

  • ohne Wasserspray, wenn die Proben nach der Bewitterung noch auf Toxizität zu prüfen sind,
  • mit milder Wassereinwirkung (18 Minuten Spray, 102 Minuten trocken) und
  • mit hoher Wasserlast, sowohl durch Besprühung als auch durch hohe Feuchte in einer sechsstündigen Dunkelphase.

Die technischen Vorgaben sind ähnlich der internationalen Norm ISO 4892-2 für die Xenonprüfung von Kunststoffen. Darüber hinaus macht die ASTM D5071 Vorgaben zur Probenvorbereitung und Auswertung der Ergebnisse.

Es sollte nicht unerwähnt bleiben, dass auch die natürliche Sonnenstrahlung genutzt werden kann, um den Photoabbau von Kunststoffen zu prüfen. Auch für die sogenannte Freibewitterung gibt es eine entsprechende Norm, die ebenfalls 2021 ohne Änderungen bestätigt wurde: ASTM D5272 Standard Practice for Outdoor Exposure Testing of Photodegradable Plastics. Auch für UV-Fluoreszenzgeräte existiert seit 2014 eine Norm: ASTM D5208 Standard Practice for Fluorescent Ultraviolet (UV) Exposure of Photodegradable Plastics.

Selbstverständlich beantworten diese Normen nicht die Fragen der Materialentwickler zur bestmöglichen Formulierung bzw. Stabilisierung. Zumindest aber tragen die genormten Prüfverfahren dazu bei, die Entwicklung lichtabbaubarer Kunststoffe durch vergleichbare und wiederholbare Bewitterungsdaten zu unterstützen.

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